Frankfurter Allgemeine Zeitung

Mitgefühl bis ins Mark

Die Geste wirkte ungeschickt, fast hilflos, und gerade deshalb sehr menschlich: Wladimir Putin streckte vorsichtig seine Hand nach Donald Tusk aus, als dieser die weißrote Schleife am Blumengebinde in Ordnung gebracht hatte, zog sie dann aber wieder zurück, als er merkte, dass der Pole sich nicht erhob, sondern zum Gebet niederkniete, das Gesicht in den Händen verborgen. Als Tusk aufstand, wiederholte Putin seine Bewegung und nahm den etwas irritiert scheinenden Polen in den Arm.

Veröffenlichung/ data publikacji: 13.04.2010

Polens ausgelöschte Führungsschicht

Als am Samstag wenige Stunden nach dem Unglück von Smolensk die Liste der Toten veröffentlicht wurde, kam bei vielen Polen zu der Trauer die Sorge um die Stabilität ihres Staates hinzu. Zusammen mit Präsident Lech Kaczynski sind so viele wichtige Politiker, Militärs und Leiter staatlicher Institutionen ums Leben gekommen, dass es mehr als nur die Bekräftigung des Selbstverständlichen war, als Ministerpräsident Donald Tusk bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach der Schreckensnachricht aus Westrussland sagte: „Der polnische Staat muss funktionieren und er wird funktionieren.“

Veröffenlichung/ data publikacji: 11.04.2010

Sicher versorgt - auf einem unsicheren Markt

In diesen Tagen fällt der Startschuss für eines der größten europäischen Infrastrukturprojekte. Östlich der schwedischen Insel Gotland wird das erste Rohr einer neuen 1224 Kilometer langen Gaspipeline ins Ostseewasser versenkt. Am Freitag beginnen die Bauarbeiten an der russischen Küste.

Veröffenlichung/ data publikacji: 06.04.2010

Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ Worum es geht

Und doch tut dieses Land sich einzigartig schwer damit, dem öffentlichen Gedenken an die Menschen und Völker, die unter Hitler litten, ein einträchtiges, würdiges Gedenken an die Deutschen folgen zu lassen, denen im Krieg und nach seinem Ende Unrecht von anderer Hand widerfuhr. Das beste und zugleich schlechteste Beispiel dafür ist der seit Jahren schwelende und immer wieder aufflammende Streit um die Vertreibungsgedenkstätte in Berlin.

Veröffenlichung/ data publikacji: 12.03.2010

Unsichtbares Zeichen

Die „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Mit großem Tamtam hatte die Bundesregierung sie im vergangenen Jahr ins Leben gerufen; seitdem schwächelt das Projekt vor sich hin. Der Anlass dieser Gründung, ein „sichtbares Zeichen“ in der Erinnerungspolitik zu setzen, droht unterzugehen in einem polarisierenden Streit, der sich immer neue Ziele sucht.

Veröffenlichung/ data publikacji: 10.03.2010

Tschechische Historikerin verlässt Vertreibungsstiftung

"Kein korrekter Umgang mit der Geschichte" / Neuer Streit

Im Gespräch mit dieser Zeitung begründete Frau Kaiserová ihre Entscheidung mit der Beeinträchtigung der wissenschaftlichen Arbeit durch zunehmende Politisierung.
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Sie verwies auf einen Zeitungsartikel von Helga Hirsch, die ebenfalls Mitglied des wissenschaftlichen Beraterkreises ist. Was darin zum Ausdruck gekommen sei, entspreche nicht ihrer Vorstellung eines korrekten Umgangs mit der Geschichte. Das Projekt, sagte Frau Kaiserová, brauche jedenfalls einen breiteren historischen Konsens.

Veröffenlichung/ data publikacji: 09.03.2010

Fremdporträt eines Reporters

Über Mangel an kommerziellem Erfolg kann sich der Warschauer Verlag wiat Ksii auch so nicht beklagen. Wenn aber am kommenden Mittwoch jenes Buch auf den Markt kommt, das seit Tagen für eine heiße Debatte in den Medien sorgt, wird er das Wort „Wirtschaftskrise“ wohl endgültig aus seinem Vokabular streichen können. Es handelt sich um eine sechshundert Seiten starke Biographie über den vor drei Jahren verstorbenen „Reporter des Jahrhunderts“, Ryszard Kapuscinski, die gleich aus mehreren Gründen als explosiver Lesestoff gilt.

Veröffenlichung/ data publikacji: 01.03.2010

Bund der Vertriebenen: Bis zur Harmlosigkeit verstrickt

„Der Spiegel“ ... fand heraus, dass von rund zweihundert Vertriebenen-Funktionären der ersten Stunde etwa ein Drittel der Partei Adolf Hitlers angehört hatten... Damit konfrontiert, teilte Frau Steinbach zunächst mit, zur historischen Aufarbeitung fehle das nötige Geld.

Veröffenlichung/ data publikacji: 20.02.2010

Putin lädt Tusk nach Katyn ein

Polens Ministerpräsident Donald Tusk hat die Einladung des russischen Regierungschefs Wladimir Putin begrüßt, im April gemeinsam an einer Trauerfeier in dem westrussischen Ort Katyn teilzunehmen, wo vor 70 Jahren mehrere tausend polnische Offiziere vom sowjetischen Geheimdienst NKWD erschossen wurden. Es sei das erste Mal, dass Regierungschefs beider Länder der Verbrechen von Katyn gedenken, sagte Tusk am Donnerstag in Warschau.

Veröffenlichung/ data publikacji: 05.02.2010

Einmal Hölle und zurück

Dies ist eine ganz und gar unwahrscheinliche Geschichte. Es ist die Geschichte von einem Juden, der versuchte, seine Haut vor den Nationalsozialisten zu retten, und im Getto landete. Dem nach drei furchtbaren Jahren gemeinsam mit seiner Frau die Flucht durch einen Abwasserkanal gelang. Und der im Alter von knapp 60 Jahren keinen anderen Ausweg wusste, als in das Land der Täter zu ziehen. Sein Sohn, der diese Geschichte erzählt, hat als Architekt die Westendsynagoge in Frankfurt originalgetreu rekonstruiert und wirkt heute am Bau des Jüdischen Museums in der polnischen Hauptstadt mit.

Veröffenlichung/ data publikacji: 19.01.2010