Frankfurter Allgemeine Zeitung

Eine Information für Erich Mielke

Am 20. Dezember 1978 lag auf dem Schreibtisch des DDR-Ministers für Staatssicherheit, Erich Mielke, eine „Information“ der Stasi-Abteilung XXII mit dem Aufdruck „Streng geheim“. Die Abteilung unter Oberst Harry Dahl war wenige Jahre zuvor zur „Abwehr, Kontrolle und Bearbeitung terroristischer Gefahren“ aufgebaut worden. Im Herbst 1978 hieß das in der Praxis: Dahls Leute hielten Kontakt zur linksextremistischen Szene der Bundesrepublik, zu den Terroristen der „Rote Armee Fraktion“ (RAF) sowie der „Bewegung 2. Juni“.

Veröffenlichung/ data publikacji: 04.12.2009

Gerhardt kritisiert Westerwelles Vorgehen

Im Koalitionsstreit über einen Beiratsposten für Vertriebenenpräsidentin Erika Steinbach (CDU) bei der Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ gibt es in der FDP Kritik am Parteivorsitzenden und Außenminister Guido Westerwelle. Die „Bild“-Zeitung berichtet, Westerwelles Vorgänger Wolfgang Gerhardt habe in der Sitzung der Bundestagsfraktion am Dienstag nach Angaben von Teilnehmern kritisiert, die Debatte über Frau Steinbach sei für die FDP „nicht glücklich“ gelaufen. Man habe sich früh auf eine Linie festgelegt.

Veröffenlichung/ data publikacji: 25.11.2009

Westerwelles Brustton

Wir wollen vor allem in die Zukunft sehen und versöhnen“, sagt Guido Westerwelle. „Das, was diesem Ziel dient, werden wir tun. Das, was diesem Ziel nicht dient, werden wir unterlassen.“ So weit, so klar. Der liberale Außenminister gibt sich, was die Causa Steinbach angeht, als lupenreiner Neuscholastiker zu erkennen – als Anhänger jener ethischen Tradition, in der Tun und Unterlassen noch unverwechselbare Kategorien waren. Inzwischen ist – wie Westerwelle bei jeder anderen Gelegenheit stets zu bedenken gibt – die Welt komplizierter geworden.

Veröffenlichung/ data publikacji: 20.11.2009

Ein Armutszeugnis

Was für ein Glück, dass Polen die Berufung Guido Westerwelles ins Bundeskabinett aus Gründen, die nur Polen verstehen müsste, nicht als Belastung der deutsch-polnischen Beziehungen betrachtet. Denn dann hätte der FDP-Vorsitzende, der eigenen Argumentation im Falle Steinbach folgend, seine „persönlichen Ambitionen“ hintanstellen und zum Wohle der Versöhnung mit dem östlichen Nachbarn auf die Erfüllung seines Lebenstraums verzichten müssen. Warschau aber blickt mit Wohlgefallen auf den neuen deutschen Außenamtschef, der seine erste Reise nach Polen machte.

Veröffenlichung/ data publikacji: 16.11.2009

Westerwelles High-Noon-Ich

Politiker vermeiden es in der Regel, die erste Person Singular zu gebrauchen. Lieber benutzen sie ein „wir“. Es erinnert an die Legitimation eines von Bürgern oder Parteifreunden in sein Amt gewählten Menschen oder es suggeriert machtvolle Unterstützung durch eine Gruppe. Das singularisierende „ich“ wird in bestimmten Situationen gebraucht, beispielsweise in einem Machtkampf, also einer Konstellation „der oder ich“.

Veröffenlichung/ data publikacji: 15.11.2009

Die Freiheit schmeckt nach Pfannkuchen

Um ihrem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen, zeichnet Halina Awdziejczyk mit dem Kugelschreiber eine Skizze. Von ihrem Balkon aus hatte sie damals einen hervorragenden Blick auf die Deutsche Botschaft am rechten Weichselufer. Jeder Kugelschreiberstrich weckt eine Erinnerung. Dort stand der mannshohe Zaun, über den Erwachsene ein Kleinkind warfen, bevor sie selbst in die Freiheit kletterten. „Das war für mich ein Schock“, sagt die Siebzigjährige und nimmt den Stift wieder zur Hand. Ein Kreuz: die Kirche, in der heißer Tee ausgeschenkt wurde.

Veröffenlichung/ data publikacji: 05.11.2009

Polnisches Reizklima

Polen und seine Klimapolitik sind in der EU ein Reizthema. Vergangene Woche blockierte Polen zuerst den schwedischen Vorschlag, den Entwicklungsländern vor dem Klimagipfel im Dezember in Kopenhagen Finanzhilfen zuzusagen. Dann sperrte es sich gegen das deutsche Anliegen, alle bis 2012 nicht genutzten nationalen Emissionsrechte für Kohlendioxid verfallen zu lassen. Einen Teil genau dieser Rechte will Polen nun, so kündigte Umweltminister Maciej Nowicki an, als erster Staat der Welt verkaufen - für 40 Millionen Euro an Irland sowie Spanien.

Veröffenlichung/ data publikacji: 27.10.2009

„Lieber Polen als Oberbayern“

Nur die Katzen sind noch da. Aber vielen droht der Hungertod, weil die Werftarbeiter, die sie jahrelang durchgefüttert haben, nicht mehr kommen. Man suche derzeit gemeinsam mit Tierschutzorganisationen nach einer Lösung für die herrenlosen Tiere, versichert Boguslaw Adamski, der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Stettiner Schiffswerften. Der Mann hat keinen einfachen Job: Er verwaltet den Niedergang des industriellen Herzstücks einer ganzen Region.

Veröffenlichung/ data publikacji: 15.10.2009

Muttersprache und Vatersprache

„Jestesmy dinozaurami!“, kräht Maja aus vollem Hals und krabbelt hinter Adam auf allen vieren durch den Saal. Das Spiel ist genauso international wie die Tränen, die Adam wenig später vergießt, als David ihm mit dem Spielzeugtelefon eins überzieht. Jetzt will Adam nicht mehr neben David sitzen. Der hat zu Adams Verdruss auch noch Geburtstag und bekommt ein Geschenk. Die Kinder beglückwünschen ihn mit „Wszystkiego dobrego“, David bedankt sich mit einem artigen „Dzienkuje“.

Veröffenlichung/ data publikacji: 03.10.2009

Retten, was zu retten ist

Nach seinem Telefonat mit Präsident Obama versuchte der polnische Ministerpräsident Tusk, die Neuigkeiten als positive Nachricht zu verkaufen: Polen habe die Chance, „eine ziemlich exklusive Position zu erhalten“, es gebe Chancen, die Zusammenarbeit in Verteidigungsfragen bald zu intensivieren; außerdem habe Obama ihm versichert, dass die Verhandlungen über die Stationierung von Abfangraketen in Polen „die polnisch-amerikanische Freundschaft gestärkt haben“.

Veröffenlichung/ data publikacji: 18.09.2009